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IdŸ do treœci

Bands aus Polen

Deutsche Seite

Volker Voss

Es gibt so viele gute Bands in Polen, die dem deutschen Publikum bislang überhaupt nicht bekannt sind. Um den deutschen Musikfans die polnische Rockszene näher zu bringen und den im Ausland lebenden Polen Infos über ihre heimatliche Musikszene zu geben, stellen wir auf dieser Seite regelmäßig Gruppen aus dem Nachbarland in deutscher Sprache vor. Dabei legen wir insbesondere Wert darauf, die ganze Vielfalt der polnischen Rocklandschaft aufzuzeigen. Natürlich haben wir mit Freude festgestellt, dass es trotz der allgemeinen Unterbelichtung der osteuropäischen Musik im Westen jedoch einzelne polnische Gruppen gibt, die bereits bei deutschen Labels unter Vertrag stehen. Die von polnischen Labels herausgegebenen Alben haben es meist immer noch schwer, in die Regale deutscher Plattenläden zu kommen. Wir wollen einfach einen Beitrag dazu leisten, dies in der Zukunft zu ändern und die Idee des gemeinsamen Europas endlich auch in der Rockszene Realität werden zu lassen. Es sei noch darauf verwiesen, dass auch www.rockradio.de sich unter anderem darauf spezialisiert hat, osteuropäische Musik regelmäßig zu spielen. So manch eine polnische Band wurde dort schon vorgestellt. Hinzu kommt unter den Rubriken "Archiv Material" und "Europ. Musikszene" ein kleiner Streifzug durch andere (Ost)Europäische Länder.

Volker Voss, Musikjournalist mit Schwerpunkt Osteuropa.

BAND AUS POLEN

NeraNature präsentiert Musik zum Nachdenken

NeraNature, die Sängerin der polnischen Metalband Darzamat, brachte kürzlich ihr erstes Soloalbum mit dem Titel "Foresting Wounds" raus - eine Mischung aus atmosphärischem Rock und Metal. Sie steht damit in einer Traditionslinie mit den Klassikern der polnischen Metal- und Hardrockszene wie TSA, Turbo oder Closterkeller. Ihre leicht melancholische Stimme und die düsteren Instrumentaleinsätze verleihen ihrem Anliegen, der Kritik an der Zerstörung der Natur durch den Menschen, die notwendige Ernsthaftigkeit, lassen aber ebenso Hoffnung durchblicken. Für sie ist Rockmusik ein Medium, um kritische Gedanken zu übermitteln. Im folgenden Interview spricht die Musikerin über ihr Soloalbum und ihr gesellschaftskritisches Anliegen.



Ist Rockmusik ein geeignetes Medium, Themen wie Umwelt und das Verhalten des modernen Menschen zu reflektieren und damit anzuregen, ernsthaft darüber nachzudenken?
Ich gehe davon aus, dass viele Menschen Musik mit Freiheit assoziieren, insbesondere wenn es um Rockmusik geht. Deshalb denke ich, dass Musik wie eine Leinwand ist, auf der du Bilder malst. Abgesehen davon, bin ich der Meinung, dass Menschen, die Rockmusik mögen, sowieso ein bisschen rebellisch sind. Und das bedeutet, dass sie nicht gedankenlos in den Tag hineinleben und nicht alles, was um sie herum passiert, unkritisch hinnehmen - so hoffe ich es jedenfalls. Für einige wird Rock ´n` Roll immer nur eine hedonistische Flucht vom Alltag sein, für andere kann es etwas mehr sein ...

Was inspiriert dich, wenn du Musik komponierst?
Ich denke, dass die Fähigkeit etwas zu schaffen darin besteht, der Welt gegenüber offener zu sein und nicht nur intellektuell an die Dinge heranzugehen. Sie besteht vor allem auch darin, mit allen Sinnen und Phantasie, die es uns erlauben, hinter die knallharten Fakten zu schauen. Für mich sind die Quellen der Inspiration, Musik and Texte zu schaffen, endlos. In meinem Fall zählen nicht die größten Kunstwerke, sondern die einfachsten Eindrücke wie unauslöschliche Gefühle, Reflexionen, einfache Geräusche, kurze Sätze, Aromen und wie sie gelebt werden ... Auf dieser Grundlage trage ich Bilder in mir und schöpfe aus den unterschiedlichsten Momenten des Lebens. Der Rest ergibt sich von selbst.

Haben wir unsere Seele in dieser modernen Welt tatsächlich verloren, wie du es in einem Song andeutest?
Ich denke, wir sind ein bisschen verloren in dieser Welt, die ihr Tempo so deutlich beschleunigt hat. Beim Streben nach Wohlstand hören wir nicht immer auf unsere eigenen Gedanken. Nicht immer handeln wir nach unseren Überzeugungen, nicht immer sind wir in der Lage, unsere wertvolle Zeit mit unseren liebsten Menschen zu verbringen. Und schließlich - was ich auf dem Album "Foresting Wounds" betonen möchte: Wir verlieren die Verbundenheit mit der Natur und so zu uns selbst ...

Du singst über die weibliche Seele. Sind Männer unfähig, die Frauen zu verstehen?
Im Gegenteil: Ich singe über die weibliche Seele, um Männer zu ermutigen, etwas Neues zu erfahren. Ich weiß, dass unsere Welten unterschiedlich sind, aber ich glaube auch, dass es nicht unmöglich ist, sie beide zu kennen und so etwas wie eine ´vollwertige Vision` zu erreichen. Es wäre besser, eine Übereinkunft zu finden, als die Unterschiede, die uns trennen, noch zu vertiefen.

Könntest du dir vorstellen, einen Song über die gefährliche Atomkraft zu singen - gerade nach dem schrecklichen atomaren Desaster in Fukushima?
Ich denke eher nicht, weil ich nicht solche direkten Botschaften mag. Ich ziehe es vor, über die Probleme zu singen, die in Metaphern versteckt sind. Ich versuche auch nicht, durch Musik irgendwelche politischen Programme zu kommunizieren. Ich selbst, von mir aus, würde einen solchen Song nicht schreiben, doch wenn mich eine ökologische Organisation in dieser Hinsicht um Hilfe bitten würde, dann würde ich zustimmen. Und ich bin sicher, ich würde nicht zögern zu helfen, gerade auch wenn es um leidende Tiere geht.

Würdest du deine Musik als Mainstream oder als Alternative bezeichnen?
Ich weiß es nicht. Ich bin nicht so gut im Kategorisieren. Das überlasse ich den Journalisten. Was für mich zählt, ist die Musik selbst.

Warum hast du dich entschieden, auf deinem Soloalbum Englisch zu singen?
Erstens, ich tat es aus Gewohnheit und zweitens, das Album kam an so vielen Orten auf der Welt raus. Deshalb entschied ich mich für die englische Sprache, denn dies ist eine Universalsprache, die es vielen Menschen auf der Erde erlaubt, nicht nur die Musik zu bewerten, sondern auch die Texte.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
Wir wollen Konzerte geben und auch ein neues Album vorbereiten. Naja, wegen einiger persönlicher Probleme sind wir gezwungen, unser Line-up zu ändern. So haben wir noch eine harte Arbeit vor uns. Doch werden wir so schnell wie möglich wieder auf der Bühne stehen.

Interview: Volker Voss
Foto: Stanley McNoley

www.neranature.pl


Newcomer FONOVEL
Progressive Rock als Vorbild


"Music is our way of live", sagt Radek Bolewski, Sänger und Schlagzeuger des polnischen Rocktrios Fonovel. Sie bezeichnen ihre Musik als neues Genre: Eklektischer Rock, inspiriert vom Sound der 70er und frühen 80er Jahre, sehr melodisch, in einer Phase, in der noch experimentiert wird, mit einem Schuss Punk angereichert und überwiegend Englisch gesungen. Ursprünglich hatten sie mal als fünfköpfige Punkband angefangen. Doch halten sich die Punkeinflüsse in ihrer Musik heute sehr in Grenzen. Inspiriert wurden sie von den Altmeistern des polnischen Progressive, Blues und Jazz Rock der Gruppe SBB. "Mein Vorbild ist der ehemalige SBB-Drummer, Jerzy Piotrowski. Ich bewundere die Band wegen ihres Musikstils, ihrer typisch polnischen Lyrik", schwärmt Radek.
Zwar bevorzugen die polnischen Rockfans eher polnische Texte, doch Englisch zu singen, gibt ihnen mehr Möglichkeiten. "So können wir unsere Musik locker auch in Deutschland, England oder Frankreich spielen." Das Trio sieht sich jedoch eher als "Live Performing Act". Nun liegt ihr erstes Album, "Good Vibe", vor, das in erster Linie in Polen verkauft wird. Freuen würden sie sich jedoch auch über die Möglichkeit, es in Deutschland verstärkt in die Plattenläden zu bringen.
Als erfolgversprechende Newcomer werden sie vom Adam Mickiewicz-Institut gefördert, das 2000 vom polnischen Kulturministerium gegründet wurde und sich um die Verbreitung und Förderung der polnischen Kultur im Ausland kümmert. Ihre ersten Auslandsauftritte hatten sie in Deutschland und den USA. Ihre Deutschlandpremiere war 2011 auf der Berliner Popkomm. Auf dem berühmten Heineken Festival in Polen teilten sie sich mit Coldplay und The Strokes die Bühne.

Volker Voss

FONOVEL
Good Vibe
Sprecords
www.myspace.com/fonovel


POLARIS - Electronic nach Berliner Vorbild

Im Bereich Electronic Music haben sich Polaris in den letzten Jahren erfolgreich hervorgetan. Lediglich mit jeweils mit einem Laptop ausgerüstet, stehen die beiden Musiker, Jakub Kniec und Tomasz Pauszek, auf der Bühne, spielen energetische, elektronische Musik mit melodischen, verträumten Klängen. Ihr Sound steht in der Tradition der Berlin School of Electronic Music, die ursprünglich in den siebziger Jahren zur Förderung elektronischer Musik von Tangerine Dream und Klaus Schulze begründet wurde. Ihr Stil ist stark von den elektronischen Klassikern der 70er und 80er beeinflusst. In Polen spielen sie auf allen relevanten Festivals der Sparte. Auftritte gab es ebenfalls in Deutschland, Italien, Spanien und Kroatien. Bereits ihr Debüt-Album, die EP "Stan Przejsciowy" (Temporary State), war von Erfolg gekrönt, so belegten sie beim jährlich stattfindenden Contest der Elektronischen Musik 2001 im Polnischen Radio Programm 3 den zweiten Platz. In Deutschland gaben sie zuletzt vorigen Herbst im Rahmen der Berliner Popkomm ein Konzert. VoV

Ihr aktuelles Album:
POLARIS
Background Stories
Ricochet Dream


FARBEN LEHRE ist eine konsequente Band

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FARBEN LEHRE - FERAJNA

Lustig, punkig und optimistisch
FARBEN LEHRE ist eine konsequente Band


„Im wesentlichen gehen die bestehenden Farbenlehren und Farbtheorien von zwei unterschiedlichen Schwerpunkten aus“, so die wissenschaftliche Definition zum Thema Farbenlehre. Recht ähnlich ist es bei der polnischen Punkband FARBEN LEHRE. Sie haben ebenfalls zwei Schwerpunkte, nämlich Punk und Reggae, wobei der Schwerpunkt eindeutig beim Punk liegt, und zwar der melodischen Stilrichtung nach den Vorbildern Sex Pistols, Ramones und Clash, von denen einige Songs gecovert wurden. Auf jeden Fall passe Reggae gut zum Punk. Man denke nur an Guns of Brixton von The Clash.
Irgendwie ist bei der Band aus Plock (Zentralpolen) noch einiges erklärungsbedürftig: „So bis vor 15 Jahren hielten uns viele für eine deutsche Band, doch mittlerweile weiß jeder hier, dass wir eine polnische Band sind,“ erzählt Bandleader Wojciech Wojda. „Es gab mal einen berühmten polnischen Lyriker Anfang des 20. Jahrhunderts, der schrieb ein Gedicht, das Farbenlehre hieß. Der Name gefiel mir so sehr, dass ich ihn ins Deutsche übersetzte, weil er auf Deutsch besser als auf Polnisch oder Englisch klingt. Und in zwei Worten geschrieben, sieht er einfach besser aus. Deutsche Bands könnten ebenso polnische Namen tragen.“ Ein deutscher Name kann auch problematisch sein: „Als wir 1988 in der Ex-UdSSR auftreten wollten, wurde uns gesagt, eine polnische Band mit einem deutschen Namen kann hier nicht spielen. So benannten wir uns in FL um. Dann klappte es. Das hört sich heute lustig an, war es damals aber überhaupt nicht.“
Nun gibt es sie schon fast ein Vierteljahrhundert, sind nicht in den Mainstream abgedriftet und können seit fast sechs Jahren von ihrer Musik leben, was für eine Punkband nicht die Regel ist. Dafür sind sie ständig auf Tour. Allein um das neueste Album Ferajna zu promoten, stehen sie in Polen etwa 40-mal auf der Bühne. Hinzu kommen noch Konzerte in Österreich und Deutschland. Stolz berichten sie von ihren gemeinsamen Gigs mit den Toten Hosen.
Jedenfalls gab es so um 1990 einen Bruch: „Wir gingen vom Underground in den Overground.“ Vor der Wende konnte nichts veröffentlicht werden. 1991 erschien das erste Album. 1990 gewannen sie einen Preis auf dem berühmten Jarocin-Festival. Davor waren sie nur im Ausland auf einigen Samplern vertreten. „Vor der Wende waren unsere Songs sehr pessimistisch, danach wurden wir optimistischer und lustiger.“ Unter dem alten Regime hatten wir Probleme mit den Instrumenten, mit Übungsräumen, Gigs und der Zensur. Wir waren auch oppositionell eingestellt und das machte die Sache nicht einfacher“, erinnert er sich. „Wir waren eine Amateurband, aber heute spielen wir besser“, fügt Wojciech spaßig hinzu. Davon zeugen immerhin 12 gut verkaufte Alben. Manches war widersprüchlich: Denn polnische Punkgruppen wie Dezerter und Moskwa schafften es vor der Wende, Alben rauszubringen. „Sie waren bekannt, populär und Symbole des Widerstands. Wir waren seinerzeit noch Anfänger und eine unbekannte Garageband.“
Ihre Songs sind einfach lustig, oder es geht um Liebe, Beziehungen und Politik. „Wir können heute frei reden und singen. Okay, auch heute ist nicht alles so toll. Doch wir sind eine konsequente Band: was heute schlecht ist, war auch damals schlecht. Selten werden unsere Lieder im Radio gespielt. Eine offizielle Zensur gibt es heute in Polen nicht,“ merkt er an. „Doch mein größter Feind ist die menschliche Dummheit. Die gibt es zu jeder Zeit, in jedem Land.“ Volker Voss

Farben Lehre
Ferajna
Lou & Rocked Boys
www.myspace.com/farbenlehre


Spontan musikalische Reise
TRAVELLERS veröffentlichen Debütalbum

Travellers ist ein neues Musikprojekt von Wojtek Szadkowski, der schon durch seine Arbeit mit im In- und Ausland so erfolgreichen Gruppen wie Satellite, Collage und Strawberry Fields bekannt wurde. Nun liegt das Debütalbum der "Reisenden" mit sechs Tracks vor und trägt den Titel: A Journey Into The Sun Within. "Es ist eine Mischung aus ProgRock, Ethno, den Achtziger Jahren, eine gehörige Portion Magie, Raum und der bezaubernden Stimme der Sängerin Robin ...", beschreibt Wojtek Szadkowski das Album. Die Stimme der Sängerin erinnert an Enya. Es ist stellenweise recht verträumt, aber auch melancholisch mit plötzlich einsetzenden, verzerrten Gitarrenparts versehen, die im Hintergrund geschickt von sphärischen Synthesizerklängen begleitet werden. Wobei die Gitarrenparts eher an die alten spontanen, experimentellen Gitarrensolos aus früheren Zeiten erinnern. Kurz: "Intelligente Rockmusik" für anspruchsvolle, die in der Rockmusik einen abwechslungsreichen Hörgenuss suchen. Doch lassen die Songs auch Optimismus durchschimmern: "Du machst dir keine Gedanken, du fühlst einfach nur die Freude daran, auf dieser Welt zu sein," so Wojtek Szadkowski. Die Texte sind einfach und durchweg Englisch gesungen. "Die Idee, Travellers zu gründen, kam mir eher zufällig. Ich wählte einige Ideen aus, die ich bereits in den zurückliegenden Monaten aufgenommen hatte und so stellte sich heraus, dass einige ein gewisses beständiges Ganzes formen", sagt Wojtek. Sängerin Robin erinnert sich an die Entstehung des Albums: "Mit Wojtek zu arbeiten, ist eine spontane Sache. Wenn du das Studio betrittst, weißt du oftmals noch nicht, was du singen wirst.

Travellers
A Journey Into The Sun Within
Label: Metal Mind Records

Volker Voss

An alte Traditionen anknüpfend
SBB experimentiert mit verschiedenen Stilrichtungen

Nach ihrem eher ruhigen und etwas verträumten 2009er Album (Iron Curtain) knüpfen SBB mit ihrer neuen Scheibe "Blue Trance" wieder stärker an ihre alten Traditionen an, ohne sie einfach zu kopieren. Sie haben auf dem neuen Album stilistisch auch wieder Neues integriert und es melodisch abwechslungsreicher als die Vorgänger-Alben gestaltet. Mit geladener Energie präsentieren sie eine Mischung aus so unterschiedlichen Genres wie Progressive Rock, Blues und Jazz. Selbst ihr 2007er Album "The Rock", das sich allgemein positiver Kritiken erfreute, wird aufgrund der stilistischen Vielfalt noch übertroffen. Da werden Songs mit hendrixgeladenen Gitarrenparts im schnellen Wechsel durch ruhigere Stücke mit Klaviereinsätzen abgelöst. Selbst innerhalb der einzelnen Stücke kommt es oft zu einem schnellen Wechsel unterschiedlicher Stilrichtungen.
Wechselhaftigkeit drückte sich bereits in den Konzerten der letzten Jahre aus. Von ruhigen Konzerten mit langen Synthesizereinsätzen, die oft kirchenmusikalischen Charakter hatten, boten sie in schneller Folge Auftritte, die selbst ausgeprägte Hardrockfans in Atem hielten. Natürlich wäre eine stärkere Hinrichtung zu der neuen Stilausrichtung eine Entwicklung, die von den Fans ganz sicher mit Freude aufgenommen wird.
Das gut eingespielte Trio um Józef Skrzek und Apostolis Anthimos, den beiden Urgesteinen der Band und dem bekannten ungarischen Drummer Gábor Németh, der vor etwa vier Jahren hinzukam und mit seinen jahrzehntelangen Erfahrungen aus der magyarischen Rockszene (P.Mobil, Skorpió, Beatrice ...) die Band bereichert, hat sich als sehr innovativ erwiesen.
Überraschend und mit Weitsicht ist der Song "Red Joe", eine an Jimi Hendrix` angelehnte, aber stark abgewandelte Version von "Hey Joe", zu bewerten, in dem der Besungene mutig den Widrigkeiten des Lebens trotzt und noch immer Blues spielt - und kein Ende in Sicht ist.

Volker Voss

SBB
Blue Trance
Metal Mind Records

Bizarr, launisch und kritisch
NeraNatur stellt die Natur in den Mittelpunkt

Nera, die Sängerin der polnischen Metal Band Darzamat hat ihr Debütalbum mit dem Titel Foresting Wounds und unter dem Namen ihrer neuen Band NeraNature veröffentlicht. Auf insgesamt 11 Songs bringt sie ihr eindeutiges und unmissverständliches Anliegen zum Ausdruck: Ihre Sorge um die Natur! Der Name der Band reflektiert die tiefe Verbundenheit der Sängerin mit der Umwelt. Sie berührt Themen wie die Losgelöstheit des Menschen von der Natur und sein Wegrennen vor sich selbst. Sie verweist auf die Unruhe des Menschen, angetrieben von einer ihm aufgezwungenen Hektik etwas zu erreichen, was der moderne Mensch aufgrund seiner Oberflächlichkeit jedoch nicht erreichen kann. Auf ihrem Video zum Album gibt sie dann noch eine ganz praktisch vorgeführte Empfehlung - wie einfach es doch ist, auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel umzusteigen. Natürlich kann der Name der Band auch verstanden werden als Nera`s ganz persönliche Natur. Denn die feministische Perspektive spielt ebenso eine wichtige Rolle. Es ist zudem viel Raum für ganz Persönliches. Oft sind es die schlichten alltägliche Dinge, die in ihren Songs zum Ausdruck kommen, nämlich die vertrauten, manchmal bizarren, auch launenhaften Gedanken.
Die Musik ist den Genres Atmosphärischer Rock und Metal zuzurechnen. Ihre leicht melancholische Stimme und die recht düsteren Instrumentaleinsätze verleihen ihrem Anliegen die notwendige Ernsthaftigkeit, nämlich der Kritik an der Zerstörung der Natur durch den Menschen, lassen aber ebenso Hoffnung durchblicken. www.neranature.pl

NeraNature
Foresting Wounds
Metal Mind Records

Volker Voss

ProgRock mit gemischten Klängen
BELIEVE bietet Musik für anspruchsvolle Zuhörer

Ob Rockmusik tatsächlich Glaubenssache ist, wie es der Name der Band suggeriert, ist eher Ansichtssache. Tiefgründig ist die Musik der polnischen Art/Progressive Rockband Believe aber auf jeden Fall. Nun haben sie ihr viertes Album mit dem Titel "World is Round" auf den internationalen Markt gebracht. Der Sound lässt jedoch nicht so einfach in eine bestimmte Schublade packen. Zu gemischt sind die verschiedenen Stilrichtungen. Es finden sich stellenweise harte Gitarren- und Schlagzeugeinsätze, die den Eindruck vermitteln, ein instrumentales Duell miteinander auszutragen. Unüberhörbar sind Einflüsse des ProgRocks der 70er Jahre. Überraschend dann der schnelle Wechsel zu Geigenklängen, die dem Ganzen etwas Dramatisches verleihen. Zwischendurch finden sich ausgesprochen verträumte Parts. Das Album stimmt nachdenklich. Es folgen musikalisch-geografische Sprünge, die von indischen bis zu irischen Klängen reichen. Ihre persönliche Philosophie auf das Leben und den Naturkreislauf bezogen, spiegeln sich auf dem Album wider. Es ist eine musikalische Rundreise um den Globus mit Reflektionen auf die Natur und den Lebensrhythmus. Der Sänger der Band, Karol Wróblewski, drückt es folgendermaßen aus. "Alles, was Menschen tun, sei es gut oder schlecht, kommt früher oder später auf sie zurück. Weit ab vom oberflächlichen Mainstream grenzt die Band ihre Zielgruppe klar ein: "Es ist ein perfektes Album für einen anspruchsvollen und einfühlsamen Zuhörer." Produziert wurde das Album von Winicjusz Chróst, dem ehemaligen Gitarristen der berühmten polnischen Bluesformation Breakout.

Volker Voss

BELIEVE
World is Round
Metal Mind Records

Aus ´Hipertrofia` wird ´Excess`
COMA mit erstem englischen Album


Die polnische Band COMA setzt jetzt mit der englischen Version ihres ursprünglichen Topalbums "Hipertrofia" aus dem Jahr 2008 zum Sprung ins Ausland an. "Excess" heißt nun das gerade erschienende englische Gegenstück zur polnischen Ausgabe. Immerhin verkaufte sich "Hipertrofia" in Polen über 50.000-mal. Auch die vorangegangenen Platten der 1998 gegründeten Gruppe waren Erfolgsnummern, beispielsweise erhielten sie den Frederyk-Figur Award (vergleichbar mit dem Grammy) und wurden zudem mit dem Titel Bestes Rock / Metal Album ausgezeichnet. Sie spielten als Support von Bands wie Linkin Park, Pearl Jam und Tool.
Sie präsentieren anspruchsvolle Rockmusik mit einem Hang zu langen Songs, teilweise um die 10 Minuten, dazu ausgedehnte Gitarrensoli. Das erfordert hohe Konzentration, will man die Musik genießen. Waren es doch eher die ProgRocker der 70er Jahre, die ihre Fans mit überlangen Titeln begeisterten. Dem Genre Metal zugeordnet, mischen sich bei Coma Hard & Heavy mit Light und harmonisch ausgewogenen Klängen. Nach einigen ruhigen Melodien wird mit F.T.P. (Fuck The Police) voll aufgedreht und ein Abstecher in die Protestkultur früherer Jahre gewagt.
So ausschweifend wie es der Titel verspricht, ist das Album allerdings nicht. Mit der englischen Version haben sie sich eher an internationalem Mainstreamstandard angelehnt. Die ursprüngliche polnische Version hätte auf internationaler Bühne mehr Unterschied gezeigt. Außerdem erschien von COMA noch ein Live-Album, das 2010 während eines Auftritts in der Warschauer Ursynów Arena aufgenommen wurde.
Volker Voss

COMA
Excess (2010)
Mystic Production/Soulfood

MADE IN POLAND

Als sehr experimentierfreudig hat sich die Band MADE IN POLAND erwiesen, deren Herkunft sich auf Grund des Namens leicht erraten lässt. Sie gehört heute zu den einflussreichsten Cold Wave Bands in Osteuropa. Das neue Album integriert stilistisch Elemente des Psychedelic und Spacerock sowie harte Rockklänge mit stark dominierendem Gitarreneinsatz als auch längere elektronische Abschnitte, die extrem melancholisch durchsetzt sind. Stellenweise erinnern sie an Joy Devision. Es wird Polnisch und Englisch gesungen. Ihre musikalische Karriere ist sehr durchwachsen. 1984 in Krakow gegründet, lösten sie anfangs enthusiastische Jubelstürme aus, ihre erste Single war ein Renner, ihr erstes Debüt-Album im Jahre 1987 eher ein Flop, so dass sie sich kurzerhand auflösten. In den 90ern reaktiviert, traten sie wieder auf großen Festivals, aber auch als Vorband zu The Stranglers auf und produzieren wieder anspruchsvolle Songs. (vov)

Fazit: Irgendwie verdammt schräg und recht düster.

OSADA VIDA

Sich selbst in den Schatten gestellt OSADA VIDA experimentieren mit Sound und Technik

Bei der Erstellung ihres neuen Albums “Uninvited Dreams“ hat die polnische Rockband Osada Vida keine Mühe gescheut, sich letztendlich selbst übertroffen und ihre beiden, bereits mit Lob ausgezeichneten Erstlinge, in den Schatten gestellt. Es wurde nicht an Einfallsreichtum gegeizt. Das Resultat lässt sich hören und bietet ein stilistisch abwechslungsreiches Album mit so unterschiedlichen Stilformen wie Symphonic Progrock, Neo-Prog, Prog-Metal, Alternative Rock und Metal. Die musikalischen Wurzeln liegen hörbar bei Yes und Porcupine Tree. „Als wir die Arbeit für das neue Album aufnahmen, war Konsens: Es wird keine Kompromisse geben“, beschreibt Keyboarder Rafal Paluszek die Entstehungsgeschichte. „Dabei hatten wir noch gar keine Vorstellung, wie das neue Album heißen soll, wie viel Aufwand wir investieren werden oder wie das Cover aussehen wird. Wir waren aber sicher, dieses Album wird viele Überraschungen zu bieten haben.“ Schon die ersten Schritte glichen dem Betreten von Neuland: „Wir waren bei der Vorbereitung und Zusammenstellung selbst überrascht, wie breit gefächert und vielfältig die neue Musik sein wird.“ So lag dann auch besonderes Gewicht beim Abmischen im Studio, das wiederum ein besonders hohes Maß an Professionalität erforderte, die powervollsten Parts besonders hervorzuheben und ebenso den Feinheiten der atmosphärischen Momente entsprechend Raum zu geben. „Dieses Album hat den besten Sound, den wir je produzierten.“

Fazit: Rockmusik mit Feingefühl und experimentellen Überraschungen

Volker Voss

AFTER BLUES

AFTER BLUES experimentieren mit dem Bluesrock

Die berühmte polnische Bluesband AFTER BLUES hat kürzlich eine neue Scheibe, Zobacz jak pieknie herausgebracht, die das gesamte Spektrum des Genres Blues absteckt und noch weit darüber hinaus geht. Die Musiker verbinden den Blues auf geschickte Weise mit anderen Stilrichtungen der modernen und traditionellen Rockmusik, der letzten 50 Jahre. Stellenweise könnte man sogar auf die Idee kommen, diese Musik ist eher in Anlehnung an den Blues geschaffen, weil sie den Blues stellenweise derart abwandeln, ja entfremden, aber dann doch wieder auf den guten alten Blues zurückkommen.


Der Name der Band deutet bereits auf die ungezügelte Experimentierfreudigkeit und die Tatsache hin, dass man sich auf Überraschungen gefasst machen kann: AFTER BLUES – Also was kommt danach? Wollen sie den Blues neu erfinden? Da finden sich popige Elemente, stellenweise ProgRock, ein Schuss traditioneller Blues wie ihn die Klassiker schon präsentierten und noch dazu Beatklänge wie in den Sechzigern. Verträumte Parts werden durch schwungvolle abgelöst. Selbst einige Reggaetakte haben sich dazwischen gemischt.

Die neue CD ist der berühmten polnischen Sängerin Mira Kubasiñska gewidmet, die 2005 61-jährig verstarb. Sie gründete in den sechziger Jahren die Bluesrockgruppen Blackout und Breakout.

Eigentlich machen After Blues nichts anderes, was vor ihnen viele andere Bands in ihrer Heimat bereits seit Jahrzehnten erfolgreich tun, nämlich musikalisch bis an die Grenze des Machbaren zu experimentieren, unabhängig davon welchem Genre sie sich zuordnen. Gerade die polnischen Musiker werden für ihre Experimentierfreudigkeit unter Musikkennern weltweit geschätzt.

Diese anspruchsvolle CD sollte man in aller Ruhe genießen. Als Hintergrundsound oder reine Partyscheibe ist sie weniger geeignet. Bei diversen Suchmaschinen wird AFTER BLUES gleich neben Ten Years After und Crosby, Stills, Nash aufgelistet.

Volker Voss

KROKE

Nachdenklich und schwungvoll KROKE setzen ihre musikalische Tradition fort

Mit ihrem neuen Album „Out of Sight“ sind Kroke sich treu geblieben, bringen wieder ungebrochene Kreativität hervor und schöpfen aus den traditionellen Wurzeln der jiddischen Folklore. Was außer Sicht ist, machen sie hörbar. Es sind die vertrauten Klänge von Kroke: oft sehr melancholisch, dann wieder mit Schwung. Nach dem schwungsvollen Aufbäumen, wieder die Ruhe. Es ist ein Wechsel zwischen Traurigkeit und Temperament, lädt zum Nachdenken ein und offenbart sich als musikalische Reise durch die eigene, jüdische Geschichte, die Odyssee aus Galizien. Es ist die Erinnerung an das Leben in der alten Heimat ihrer Vorfahren. Etwas ist verloren gegangen. Was bleibt ist die traurige Erinnerung. Kroke ist die jüdische Übersetzung für Krakau. Dort haben Jerzy Bawo³ (Akkordeon), Tomasz Kukurba (Viola) and Tomasz Lato (Kontrabass) 1992 gegründet, spielten zunächst nur in Clubs und Galerien in Kazimierz, einem ehemaligen jüdischen Bezirk in Krakau. Zu ihrer tief in der jüdischen Tradition verwurzelten Musik kamen Elemente der Balkanmusik, des Jazz, der Weltmusik sowie orientalischer und indischer Klänge hinzu. Schnell erlangten sie internationale Anerkennung und Ruhm, wurden namhafte Persönlichkeiten der Musik- und Filmbranche wie Steven Spielberg, Peter Gabriel, Nigel Kennedy, Edyta Geppert auf sie aufmerksam. Mit ihnen kam es zu einer intensiven Zusammenarbeit. Im November gehen sie auf Deutschland-Tour.

Fazit: „Out of Sight“ ist die Fortsetzung ihres bisherigen musikalischen Werkes. Liebhaber des Klezmer und der jiddischen Folklore werden hier ein gut konzipiertes Album vorfinden, in dem die Gruppe auffällig mit verschiedenen Stilrichtungen experimentiert und diese geschickt in ihr Repertoire integriert. Fünf Noten

Text: Volker Voss

LESZEK CICHONSKI

"Thanks Jimi" - Leszek Cichoñski lässt das alte Rockidol wieder aufleben

Geht es in Polen um das musikalische Andenken von Jimi Hendrix, ist Leszek Cichoñski

aus Wroclaw der wohl beste Ansprechpartner. Seit 2003 organisiert er das jährliche Jimi Hendrix Festival. Dieses Jahr erreichte das Event mit über 6300 registrierten Teilnehmern seinen absoluten Höhepunkt. Die mit Gitarre oder Bass angereisten Musiker aus vielen Ländern, unter ihnen auch Steve Morse von Deep Purple, verwandelten den altstädtischen Marktplatz von Wroc³aw mit den Songs ihres Idols in ein Mammutkonzertevent. „Das ist wohl das größte Gitarrenkonzert überhaupt“, erzählt er stolz und verweist auf seine Einträge ins Guiness Buch der Rekorde. Zeitgleich griffen auch Musiker in Schweden, Ungarn, Australien und dem amerikanischen Detroit zu Jimis Ehren zur Gitarre.

Mit der mehrmaligen Auszeichnung bester polnischer Blues- und Rockgitarrist, die Auszeichnung bestes „polnischen Blues Album“ für seine 2001 erschienende CD und seine vom Fernsehen übertragenden Gitarrenworkshops und weiteren Preisen hat er sich weit über die Landesgrenzen einen Namen in der Rangliste der international führenden Gitarristen gemacht. Aufgetreten ist er weltweit auf vielen Blues- und Jazzfestivals. Auf seiner neuen CD plus DVD „The Best of Studio & Live” befinden sich sowohl Neuinterpretationen alter Jimi Hendrix-Songs als auch eigene Stücke. „Ich habe die Songs immer wieder neu geschrieben und neu eingespielt“, verrät er. Einige Songs sind bereits so sehr abgewandelt, dass das Original nicht immer auf Anhieb zu erkennen ist. Es handelt sich um regelrechte Neuinterpretationen alter Lieder wie „Hey Joe“, Voodoo Child oder „Foxy Lady“.


Stressig ist der Job allerdings. „Ich beabsichtige mein Leben zu verändern“, sagt er. „Ich arbeite zu sehr als mein persönlicher Manager. Ich werde in Zukunft nur noch 30 % als Manager arbeiten und 70 % als Musiker“. Nun beginnen die Vorbereitungen für das nächste Jimi Hendrix-Festival am 1. Mai 2010. „Ich werde eine Agentur gründen und Mitarbeiter einstellen, die mir einen Teil der Arbeit abnehmen werden“. Außerdem muss für den musikalischen Nachwuchs gesorgt werden: „Ich veranstalte jedes Jahr im Sommer einen Gitarrenseminar zu dem etwa 50-70 Leute kommen“. Der 51-Jährige spielt seit seinem 12. Lebensjahr Gitarre. In der polnischen Stadt Kielce wurde 2006 eine Büste zu Ehren von Jimi Hendrix aufgestellt.

Text: Volker Voss




ALEK MROZEK

Besser als gestern - Alek Mro¿ek feiert 40-jähriges Bühnenjubiläum

„Ich fühle mich prima, verspüre kein bisschen Rockmüdigkeit“ sagt Alek Mro
¿ek, berühmter polnischer Blues- und Rockgitarrist, zu seinem 40-jährigen Bühnenjubiläum. Insgesamt 20 Platten spielte er ein – solo bzw. mit bekannten Bands. „Ich bringe gerade eine neue Soloscheibe auf den Markt“. Richtungweisend ist schon der Titel: „Lepiej ni¿ wczoraj“ (Besser als gestern), eine Mischung aus ruhigen Bluesstücken und kompromisslosem Powerblues mit knallharten Gitarrenriffs. Die Idee zum Titel? „Ja, sicher bin ich auch noch besser geworden“, erzählt er selbstbewusst.

Die Texte, die er alle selbst schrieb, gesungen von Gene Loska, sind sehr poetisch, handeln ein bisschen von Liebe, aber auf keinen Fall von Politik, beschreibt er sein Werk, für das er sich zwei Jahre Zeit gelassen hat.

Vielfältig ist sein musikalisches Schaffen. In den letzten Jahren produzierte er u.a. eine Rockopera und Filmmusik. Er spielte bei so bekannten Bands wie Dwa Plus Jeden (Zwei plus Eins) und Recydywa und Nurt mit. In den 70er Jahren arrangierte er in Berlin (DDR) ein Album für Nina Hagen, ihre letzte in der DDR aufgenommene Platte, bevor sie in den Westen übersiedelte. Dann kommt er ins Schwärmen: „Meine große Zeit war Anfang der 80er Jahre mit der Porter Band.“ Das war eine sehr erfolgreiche britisch-polnische Rockband. Auf den ersten beiden Alben wirkte er ebenfalls als Gitarrist mit. Bereits das erste Album 1980, „Helikopter“, war mit einer Million verkaufter Exemplare eine Riesenerfolgsnummer.

Als Jugendlicher begann er einst mit den Songs seines Rockidols, Jimi Hendrix, die er alle in- und auswendig kannte und perfekt nachspielte. „Ich bin ein großer Fan von ihm, habe ihn 1969 in Woodstock live auf der Bühne gesehen“, erzählt der heute 59-Jährige stolz. Seinem Idol weiterhin auf der Spur: Vor einem Jahr besuchte er in London das erste Aufnahmestudio von Jimi Hendrix, wo er 1967 seinen ersten Hit, „Hey Joe“, zu Vinyl brachte.



Text : Volker Voss

LOMBARD

Von den Beatles und Stones inspiriert
Die polnische Band Lombard übermittelt Botschaften


Nach langer Pause standen Lombard aus Poznan am 24. April im Postbahnhof wieder auf einer Berliner Bühne und präsentierten viele Songs aus alten Zeiten. Die Stimmung war gut, das Publikum tanzte ausgiebig und genoss den Auftritt. Im Gespräch vor dem Konzert erzählten die Bandmitglieder einiges über ihr musikalisches und politisches Engagement.

Eigentlich kommt der Begriff Lombard aus der Finanzwirtschaft. „Anfänglich habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht“, sagt Bandleader Grzegorz Stró¿niak. „Als ich dann mal über den tieferen Sinn nachdachte, kam ich darauf, dass es tatsächlich um die finanzielle Sparte geht. Wenn man fast nichts mehr hat, aber noch etwas von Wert besitzt, kann man in ein Lombard (Pfandhaus) gehen und es verpfänden. Manchmal kann man es zurückkaufen, manchmal nicht. Irgendwie passt das zu unserer Idee.“ Seit 1983 steht die Band auf der internationalen Bühne diesseits und jenseits des Atlantiks. Wobei das nicht immer einfach war: „Ihr wollt zum Auftritt nach Italien fahren, aber nicht auf dem Festival des sowjetischen Liedes spielen“, lautete der Vorwurf, erinnert sich Keyboarder Grzegorz. Und weg waren die Pässe. „Wir mussten seinerzeit für einige Konzerte die Texte vorlegen, dann wurde entschieden, ob wir spielen dürfen. Es war die Angst der Regierung davor, was man mit Worten und Musik ausdrücken kann. Wir hatten gute Songschreiber, die uns geschickt schöne Texte und mit gut verpackten Botschaften schrieben“, erzählt er rückblickend. Was ihnen im Westen auffiel: „Da kamen viele Freaks, die mehr Interesse hatten an dem Unbekannten von hinter der Mauer, weniger für die künstlerische Darbietung.“ „Wir spielen keinen Hardrock, keinen Pop, sondern unsere eigene Musik. Wir sind keine Modeband, mögen keine Bands, die nur kommerziell ausgerichtet sind. In unsere Musik fließen viele verschiedene Stile ein. Bei den Beatles hat mich das Harmonische, bei den Stones das Rockige inspiriert“, erläutert er. Raus zu hören sind Elemente des Progrocks.

Die neue DVD ist der Solidarnoœæ gewidmet. „Denn Solidarnosc hat viel bewegt.“ Während der Konzerte läuft im Hintergrund ein Film mit Bildern aus der Zeit des Kriegsrechts: Demonstrationen, Wasserwerfer, Tränengas. Es gab viele Umbesetzungen. Politologiestudentin Marta Cugier ist seit 10 Jahren die Sängerin. „Ich habe in Bands verschiedener Musikrichtungen gesungen. Die Musik von Lombard spricht aus dem Herzen. Obwohl ich erst 30 Jahre bin, sind wir ein gutes Team. Ich schreibe die Texte, Grzegorz die Musik.“ Lob für das deutsche Publikum: „Die Deutschen sind mit der Musik aufgewachsen und gehen mehr auf sie ein. Die hören nicht nur die promotete Musik, kommen auch zu nicht bekannten Bands, wenn sie eine Botschaft rüberbringen, die sie bewegt. Diese Musikkultur beneiden wir als Polen. Hier sind Musiker angesehener als in Polen.



Text: Volker Voss

RIVERSIDE

Mit ihrem neuen Album haben Riverside aus Polen voll den Nerv der Zeit getroffen. Es ist eine energische Bestandaufnahme der Realität und gut geeignet, mal über unsere aus den Fugen geratenen modernen Zeit nachzudenken: „Dies ist ein Album über Menschen, die manchmal ihrem eigenen Willen zum Trotz vor nichts halt machen dürfen, um ihre Ziele zu erreichen. Es ist ein Album über Chaos, ständigem Kampf, Unsicherheit, Stress und den Versuch zu überleben“, beschreibt es Bandmitglied Mariusz Duda. Die vierköpfige, 2001 gegründete Formation legt mit „Anno Domino High Definition“ eine Scheibe vor, die rockiger ist als die vorigen, bei dem allerdings die schönen Melodien und Eigenschaften beibehalten wurden. Dem Thema entsprechend, haben sie viel Kraft und Energie in das Album gesteckt, die „das hohe Tempo unseres Lebens“ widerspiegelt. Auf exakt 44:44 Minuten präsentieren sie einen Sound, der den Progrock der 70er mit modernen Klängen kombiniert – also immer auf der Höhe der Zeit. (vov)

BANK

An Selbstbewusstsein mangelte es der polnischen Rockband Bank nie. Ihr erstes Album 1981 trug dann auch den Titel „Jestem panem swiata“ (Ich bin der Herrscher der Welt). Was sie auf jeden Fall beherrschten waren die Charts und Bühnen des Landes und bald auch darüber hinaus. Um ihrem Namen Bank gerecht zu werden, zierte ihr damaliges Albumcover Geldscheine und ein Schwein. „Was sollten wir machen“, sagen sie. „Schließlich heißen wir doch Bank.“ Die Banknoten waren Dollarscheine, was im Sozialismus recht ungewöhnlich war. „In Polen war das möglich. Alles war ein bisschen offener. Wir haben sowieso alle Richtung Westen geschaut“, geben sie zu. Das Schwein sollte übrigens explodieren. Tatsächlich explodierten dann die Verkaufszahlen. Das Album ging in einer Auflage von fast einer Million über den Ladentisch.
Noch vor ihrem Durchbruch hielten sie sich bereits 1980 ein Jahr in London auf, wo sie ihr musikalisches Können verfeinerten und sich professionelle Instrument kauften. Sie tourten durch die DDR, der Tschechoslowakei und Westberlin. In Polen trugen sie viele Preise nach Hause, produzierten einige unvergessene Hits. Es folgten weitere Alben, Umbesetzungen, eine Auflösung 1994, und wie es sich für eine Band mit Tradition gehört, eine Reunion im Jahr 1999. Also ging es wieder weiter. Schließlich hatte man sich nie zerstritten. Treffpunkt zur Fortsetzung der Musikkarriere waren die Black Woolf Studios in Berlin. Studiochef Reiner Eissing übernahm gleich den Part des Keyboarders. Produziert wurde die Scheibe bei einem polnischen Label - also eine richtig rockige, deutsch-polnische Kooperation. Es folgten wieder Konzerte in Polen und Deutschland, und ihre Songs waren wieder im Radio zu hören, so auch im RBB-Sender radioBerlin 88,8. „Gdzie mieszka czas“ (Wo die Zeit wohnt) titelte 2000 ihr erstes Album nach der Reunion, erhältlich in beiden Ländern und im restlichen Europa. Es folgte ein Best of Bank-Album. Nun saßen die Musiker kürzlich wieder in Berlin zusammen und gaben ihrem neusten Album, „Z³oty py³“ (Goldener Staub) den letzten Schliff. Es ist wieder ein Berliner Album in polnischer Sprache. Wie die Musiker ihr neues Album beschreiben: „Wir sind unserer Tradition treu geblieben, haben aber das Keyboard weggelassen.“ Es ist ein sehr melodischer, aber kompromissloser Gitarrenrock, angesiedelt zwischen „Soft- und Hardrock, ein bisschen kantig“. Konzerttermine demnächst unter: rockinberlin.pl

Myspace.com/bankrockband
Z³oty py³

Text: Volker Voss

Foto: Bank

SBB

Die polnische Rocklegende SBB meldet sich mit einem neuen Album zurück, dessen Titel eher an vergangene Zeiten erinnert: „Iron Curtain“. Nun ist er gefallen, oder nicht? Das lässt sich unterschiedlich interpretieren. Dazu Bandleader Józef Skrzek: „Der Eiserne Vorhang existiert noch, und zwar nicht nur als Grenze zwischen Ost und West, zwischen arm und reich, auch in den Medien“. Dort würden eher Künstler gefördert, die weit entfernt sind von jenen, die ihrer Überzeugung treu blieben und danach lebten.“
Der politisch-philosophische Anspruch ist hoch und kritisch wie ein Spiegel der heutigen Welt. Ihr Sound spiegelt zugleich ihr eigenes Leben als „Barrierebrecher“ wieder. Sie begannen schon früh, dem Eisernen Vorhang seinen einstigen Mythos zu nehmen. Aber: „Der Druck der modernen Welt ist der Grund für die menschliche Vergesslichkeit.“
Das Album ist rockiger als das vorige, die Tracks sind länger und ausgiebiger. Ihre 1970er ProgRock-Wurzeln sind, wie auf allen Alben, klar rauszuhören. Sie sind sich treu geblieben und zeichnen sich wieder durch viel Experimentierfreude aus, haben es jedoch geschafft, eine moderne, zeitgemäße Version des ProgRock zu vertonen. Schließlich hat sich die Band über die Jahrzehnte von Album zu Album weiter entwickelt. Es ist ihr unverkennbarer, zum Markenzeichen gewordener Stil, der mal so aufbrausend und voller Energie daher kommt, dann von ruhigen, teilweise verträumten, auch traurigen Parts abgelöst wird. Daran hat auch der ungarische Drummer Gábor Németh, in seiner Heimat schon bei so berühmten Bands wie Skorpió, LGT und Beatrice den Sound innovativ mitprägend, seinen Anteil.
Schon früh teilten sie, von einst hinter dem Eisernen Vorhang kommend, auf internationalen Festivals mit Musikern wie Bob Marley, Soft Maschine, Thin Lizzy oder Canned Heat die Bühne. Dabei erwiesen sie sich, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, als ebenso experimentierfreudig wie ihre ausländischen Kollegen, präsentieren einen Mix aus Jazzrock, klassischer Musik und instrumentaler Ekstase. Dazu gehören die unverkennbaren, eigensinnigen Gitarrensolos von Apostolis Anthimos, die gut mit den geschickten Synthesizer Parts von Józef Skrzek harmonisieren.

Text: Volker Voss

SBB
Iron Curtain
Metal Mind Productions

www.sbb.pl

POLSKA ROOTZ

Erste Reggae-Versuche gab es in einigen osteuropäischen Ländern bereits Anfang der 1980er Jahre, doch nur in Polen formierte sich bereits damals eine unüberhörbare und experimentierfreudig ausgeprägte Szene dieses Genres. Eastblok Music stellt auf "Polska Rootz" 16 moderne polnische Bands vor, die eine vielfältige, vor allem aber außergewöhnliche, zeitgenössische Versionen dieser Stilrichtung präsentieren. Das ist, von Band zu Band unterschiedlich ausgeprägt, ein Soundmix, der Reggae mit Elementen des Rock, Ska, Dub, Elektronica und polnischen Volksmusikklängen verbindet. Es sind "beat-getriebene Bastard-Formen" entstanden, die sich gut einreihen in den "globalisierten Klangkosmos" und sich musikalisch so etwa auf der Strecke Warschau - Kingston bewegen, aber mit vielen Abstechern in neue Musikwelten und Regionen, wodurch dieser Stilrichtung immer neue Klangfarben gegeben werden und zu einer intensiven Weiterentwicklung führten.

Beats, Dubs, Mixes & Future Folk from Poland
Zonic / Eastblok Music

(vov)


WOJTEK SZADKOWSKI

Die gute alte Zeit - Wojtek Szadkowskis musikalische Zeitreise

Als experimentelles Soloprojekt gründete Wojtek Szadkowski 2000 in Polen die Formation Satellite, die sich erst 2005, mit den passenden Musikern, zu einer festen Band entwickelte. Nun liegt das vierte Album "Nostalgia" vor, entstanden in seinem Heimstudio. Geschickt wurde der Sound der 70er und 80er mit dem des 21. Jahrhunderts verschmolzen, der Stil verfeinert und mit atmosphärischen Klängen gewürzt. Kurz: Neo-Progrock vom Feinsten, anspruchsvoll, mit Blick auf Heute und Gestern.

VOV: Dein neues Album drückt Sehnsucht nach den 70er und 80er Jahren aus. Was gefällt dir an dieser Zeit?
W. S: Alles! Die Kreativität, die Melodien, die großartigen Bands, die Hits, die Mode, die langen Progrock-Stücke, die Diskomusik, die Punkrevolution, speziell in den 80ern die plastisch-synthetische Herangehensweise. Ich versuchte diese Welten auf "Nostalgia" zu verbinden. Dabei verarbeite ich auch völlig neue Einstellung und Ideen. Vielleicht werde ich das auf meinem nächsten Album oder einem anderen Projekt noch vertiefen.

VOV: Stichworte zum neuen Album sind: "etwas verändern wollen", "einen neuen Start wagen", "sich von der eigenen Vergangenheit distanzieren". Wie können wir uns verändern?
W.S.: Wir können uns ebenso wenig wie die Vergangenheit ändern. Angenommen, es gebe weder Vergangenheit noch Gegenwart, sondern nur ein Jetzt, so könnten wir unser Leben im Jetzt ändern, wie immer wir es möchten. Sind wir weise, können wir lernen und alles Negative im Jetzt vermeiden und die nächsten Schritte planen. Diese Vorwegnahme ist die Zukunft. Aber das alles existiert nur in unserem Kopf. Die einzige Realität ist im Jetzt, wo wir entscheiden und verändern können. Denn die Vergangenheit und Zukunft sind unerreichbar. Nichts geschieht in der Zukunft, bis zu dem Tag, der zu uns als Gegenwart kommt.

VOV: Kann man mit Musik etwas verändern?
W.S.: Nein, nur die Menschen können etwas ändern. Musik hat aber die Kraft, Menschen zu verbinden. Durch sie kann man besser fühlen und verstehen. Sie kann unsere Einstellung reflektieren und Menschen stimulieren, kann ihnen bewusst machen, dass sie nicht allein sind, sondern Teil von etwas Größerem. Sie kann unser Denken und Handeln auf den richtigen Weg bringen. Sie kann uns zwar nicht ändern, aber Dinge über uns offenbaren, von denen wir bislang nichts wussten.

VOV: Was inspiriert dich, wenn du Songs schreibst?
Ich komponiere Musik nicht im herkömmlichen Sinn, bin kein professionell ausgebildeter Musiker, weiß nicht, wie man Musik schreibt oder liest. Ich weiß nichts über Musiktheorien oder Akkorde. Sie entwickelt sich in meinem Inneren. Musik zu komponieren, ist für mich ein natürlicher Prozess. Ich werde nicht durch Bands oder Musik, die ich höre, beeinflusst. Ich spiele einige Akkorde und singe dazu, und es entsteht ein Song aus dem Blauen heraus. Das ist für mich eine einzigartige und erfrischende Erfahrung.

Text: Volker Voss
Foto: Metal Mind Productions

Satellite
Nostalgia
Metal Mind Productions


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